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ADR Guide: So funktionieren ADRs im Vergleich zu Aktien

Nestlé, Vale und Nintendo: Drei weltbekannte Marken und drei sehr beliebte ADRs. Doch: Was ist eigentlich ein American Depositary Receipt und welche Besonderheiten musst du bei einem ADR-Investment im Vergleich zu Aktien beachten? In unserem ADR-Guide erfährst du alles über ADRs.

Was sind ADRs?

ADR ist die Abkürzung für American Depository Receipt. Ein ADR ist also ein Hinterlegungsschein einer US-amerikanischen Bank. US-Banken kaufen ausländische Aktien (zum Beispiel: Nestlé) physisch. Sie sind also in deren Besitz.

An die Anleger geben die US-Banken bei einem ADR allerdings nur Hinterlegungsscheine heraus. Einfach ausgedrückt: Wenn du ein Nestlé ADR kaufst, kaufst du keine Nestlé-Aktie, sondern nur den verbrieften Anspruch auf eine Nestlé-Aktie – ein entscheidender Unterschied.

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Wie funktionieren ADRs?

ADRs werden von Banken in den USA herausgegeben und können an internationalen Börsen gehandelt werden. Das Nestlé ADR (ISIN: US6410694060) kannst du zum Beispiel an der Börse Frankfurt handeln. Die ADRs werden stellvertretend für die eigentliche Aktie gehandelt. ADRs verfolgen den Zweck, dass internationale Anleger unkompliziert in ausländische Aktien investieren können, ohne ein Depot zu benötigen, mit dem der Handel im Ausland möglich ist.

💡 Wichtig

ADRs sind keine genormte Einheit. Das heißt: Ob ein ADR einer Aktie, zwei Aktien oder nur einer Zehntel-Aktie entspricht, unterscheidet sich von ADR zu ADR. Informiere dich also vor einem Kauf, wie viele Aktien pro ADR hinterlegt wind.

Das erste ADR wurde bereits im Jahr 1927 herausgegeben – mit dem gleichen Ziel wie heute: US-amerikanische Investoren sollten auf diese Art und Weise die Möglichkeit erhalten, in ausländische Unternehmen zu investieren, obwohl es politische Beschränkungen für Anleger gab.

Auch europäische und asiatische Unternehmen können ADRs umgekehrt nutzen – um ihre Aktien ohne aufwändige Listung an einer US-Börse handelbar zu machen. Ein Beispiel aus Deutschland ist der Dialyse-Spezialist Fresenius Medical Care, der schon seit dem 1. Oktober 1996 gemeinsam mit der Depotbank BNY Mellon einen ADR an der New York Stock Exchange (NYSE) gelistet hat.

Welche Arten von ADRs gibt es?

Zunächst unterscheiden wir zwischen Sponsored ADRs und Unsponsored ADRs. Unsponsored ADRs werden nicht von einer Firma herausgegeben, sondern von einer Depotbank. Es gibt keine Zusammenarbeit zwischen Bank und Firma. Deshalb sind Unsponsored ADRs auch oftmals nicht zum Börsenhandel zugelassen.

Deutlich häufiger gibt es Sponsored ADRs. Dabei geht die Initiative zur Herausgabe von Zertifikaten von einer Firma – also beispielsweise Nestlé – aus. Die Firma sucht sich eine Depotbank als Partner und trägt einen Großteil der anfallenden Kosten.

Die Partnerbank wiederum ist nur für die Ausgabe und Rücknahme der Zertifikate sowie die Weitergabe von Informationen und Dividenden an die Anleger zuständig.

Die drei Stufen von Sponsored ADRs

Die Sponsored ADRs wiederum lassen sich in drei Level unterteilen.

  • Level 1: Bei Level-1-ADRs werden Zertifikate auf bereits bestehende Aktien herausgegeben. Das Ziel des Level-1-ADR ist der OTC-Handel in den USA. Eine Listung an einer US-Börse findet nicht statt, weswegen die strengen Regularien der US-Börsenaufsicht SEC nicht erfüllt werden müssen.
  • Level 2: Ein Level-2-ADR beruht ebenfalls auf schon existierenden Aktien, verfolgt allerdings das Ziel einer Listung an einer US-Börse. Dementsprechend müssen die ADR-Herausgeber die Anforderungen der SEC erfüllen. Dazu gehören beispielsweise Angaben zur Aktionärsstruktur, zum Vorstand und die jährliche Herausgabe von Berichten.
  • Level 3: Level-3-ADRs sind an neu herausgegebene Aktien geknüpft. Mit einem Level-3-ADR können die herausgebenden Firmen also auch frisches Kapital einsammeln. Für das höchste Level ist jedoch auch eine Konzernbilanz notwendig, was für die ADR-Emittenten mit einem hohen Aufwand verbunden ist.

Was ist der Unterschied zwischen Aktien und ADRs?

Zwischen Aktien und ADRs gibt es vier signifikante Unterschiede, auf die wir jetzt eingehen möchten.

  • Unternehmensbeteiligung: Wer eine Aktie erwirbt, wird Eigentümer eines Unternehmens. Aktionäre besitzen ein Stimmrecht für Hauptversammlungen und können dort über die Entwicklung einer Firma mitbestimmen. ADR sind dagegen nur Zertifikate. Die eigentlichen Aktien liegen bei den US-Banken, die die ADRs herausgeben. Als ADR-Besitzer hast du keine Möglichkeit der Einflussnahme.
  • Handelsort: Aktien werden im Heimatland eines börsennotierten Unternehmens gehandelt – bei Adidas sind das also Börsen in Deutschland wie die Börse Frankfurt. ADRs dagegen werden immer an einer US-amerikanischen Börse gehandelt.
  • Handel und Dividenden: Sowohl der Handel mit Aktien als auch die Ausschüttung der Dividende erfolgt bei Aktien in der Landeswährung. Während eine Nestlé-Aktie ihre Dividende in Schweizer Franken ausschüttet und der Kurs in Schweizer Franken ausgegeben wird, sind sowohl Kurs als auch Dividenden beim Nestlé-ADR in US-Dollar.
  • Anzahl: Wer eine Aktie kauft, erhält einen Anteilsschein an einem Unternehmen. Bei ADRs schwankt die Anzahl der hinterlegten Aktien. Das ADR von Fresenius Medical Care entspricht zum Beispiel nur einer halben Aktie. In anderen Fällen bündeln ADR gleich mehrere Aktien.

Bekomme ich bei ADRs auch Dividenden?

Auch als Besitzer eines ADR hast du Anspruch auf eine Dividende. Allerdings kann es vorkommen, dass du die Dividende nicht in voller Höhe erhältst. Das liegt daran, dass die Depotbank in vielen Fällen für ihren Verwaltungsaufwand mit den ADRs einen Teil der Dividende einbehält.

Je nach Ursprungsland der Aktie kann es zudem sein, dass du für höhere Quellensteuerzahlungen ebenfalls Abzüge erhältst. Zuletzt gilt wie bei Aktien: Auf deine Dividenden für ADRs fallen Kapitalertragssteuer plus eventuell Kirchensteuer und Solidaritätsbeitrag an.

Sind ADRs sicher?

Was das Sondervermögen angeht, gibt es keinen Unterschied zwischen einer Aktie und einem ADR. Die bei der emittierenden Depotbank hinterlegten Aktien sind Sondervermögen der ADR-Besitzer.

Trotzdem bergen ADRs ein höheres Maß an Unsicherheit als Aktien. Das liegt vor allem im politischen Risiko und im Währungsrisiko begründet. Im Worst Case untersagt eine Regierung den Handel mit ADRs und deine ADRs verlieren ihren Wert. Darauf gehen wir später im Detail ein.

Was sind die Vorteile und Nachteile von ADRs für Aktiengesellschaften?

ADRs haben Vor- und Nachteile. Diese wollen wir aus zwei Perspektiven beleuchten. Wir beginnen mit den Unternehmen. Für Unternehmen, die nicht aus den USA kommen, sind ADRs ein interessanter Weg, Aktionäre in den USA anzusprechen ohne dabei die hohen regulatorischen Hürden einer Börsennotierung (Level 1 ADR) zu erfüllen.

Mit der Hilfe eines ADR können beispielsweise deutsche oder chinesische Firmen ihre Aktien in Form von ADR für US-amerikanische Investoren zugänglich machen. Durch ADRs wird die Sichtbarkeit von ausländischen Firmen in den USA und anderen Teilen der Welt (je nach Herkunftsland) erhöht.

Durch den Handel an der US-Börse sind die Zugangsvoraussetzungen für Anleger gering, sodass etwaige Hürden wie hohe Handelsgebühren an ausländischen Börsen wegfallen. Deshalb sind ADR sehr attraktiv für Unternehmen, weil sie ein einfaches Mittel zur internationalen Vermarktung sind.

Hohe Kosten für ADR-Programme

Das Auflegen eines ADR-Programms ist durch die Kooperation mit den Depotbanken aus den USA mit hohen Kosten für die emittierenden Firmen verbunden. Auch die Beendigung eines ADR-Programms ist mit Gebühren verbunden.

Unternehmen, die ein ADR-Programm auflegen wollen, müssen sich genau überlegen, ob Aufwand und Nutzen im Verhältnis stehen. Durch die Internationalisierung des Aktienhandels und der Broker-Landschaft ist es mittlerweile einfacher und günstiger, an ausländischen Börsen zu handeln. Das macht ADRs für manche Firmen unattraktiver.

Aufgrund der komplexen Struktur und der hohen Kosten haben einige deutsche Großkonzerne wie Bayer oder BASF ihre ADRs eingestellt, weil es mittlerweile auch für US-Anleger einfacher ist, in deutsche Aktien zu investieren.

Was sind die Vorteile und Nachteile von ADRs für Anleger?

Für Anleger bieten ADRs den großen Vorteil, dass sie unkompliziert in Unternehmen investieren können, deren Aktienmärkte schwer zugänglich sind.

Das gilt für Schweizer Aktien ebenso wie für Unternehmen aus Schwellenländern wie Brasilien oder Indien. Da viele ADRs bei Neobrokern handelbar sind, kannst du über ADR sehr günstig an ausländischen Firmen partizipieren.

Wie bereits beschrieben sind ADR keine Aktien, sondern lediglich Zertifikate. Daraus entstehen für dich als Anleger einige Risiken. Zu den größten Risiken gehört die Politik, die insbesondere in Ländern, deren Kapitalmärkte für uns schwerer zu erreichen sind, häufiger durch Unruhen geprägt ist.

Politisches Risiko bei ADRs: Beispiel Russland

Nach dem Ausbrauch des Krieges zwischen Russland und der Ukraine hatte die russische Regierung 2022 den Handel mit ADRs von russischen Unternehmen an internationalen Handelsplätzen untersagt.

Wer zum Beispiel Gazprom ADR und keine Gazprom-Aktien im Depot hatte, hatte innerhalb kürzester Zeit hohe Verluste zu verbuchen. Außerdem gab es für Anleger keine Möglichkeit mehr, die ADR-Anteile zu verkaufen, da der Handel pausiert ist. Sie liegen wertlos in deinem Depot.

Mit dem politischen Risiko gehen oftmals Währungsrisiken einher. Da ADRs in US-Dollar gehandelt werden, kann eine Inflation in der Heimatwährung eines ADR zu Kursverlusten führen. Hinzu kommen noch höhere Spreads beim Handel mit ADR, da die Liquidität von ADRs oft geringer ausfällt.

Aktien > ADRs

Vor einem Investment in ein ADR solltest du dir als Anleger über die Chancen und Risiken bewusst werden. Dazu gehört vor allem, dass du dich eingehend mit der politischen Situation im Heimatland des ADRs beschäftigst. Auch ein Blick auf die Entwicklung der Währung im Vergleich zu US-Dollar ist hilfreich.

Falls möglich, solltest du immer versuchen, die Original-Aktie zu kaufen – auch wenn dies womöglich mit höheren Handelskosten verbunden ist. Aktien bieten dir mehr Sicherheit.

Beispiele für ADRs

Zum Abschluss wollen wir dir noch eine Auswahl an ADRs vorstellen. Was dabei auffällt: Viele ADRs kommen aus Ländern, die für Anleger einen erschwerten Zugang haben. Dazu gehören beispielsweise Nicht-EU-Staaten wie die Schweiz, Großbritannien oder Norwegen, asiatische Länder wie China, Taiwan oder Japan oder Schwellenländer wie Indien und Brasilien.

  • TSMC ADR
  • Alibaba ADR
  • Novo Nordisk ADR
  • NIO ADR
  • Nestlé ADR
  • Geberit ADR
  • Vale ADR
  • Rio Tinto ADR
  • BP ADR
  • Nintendo ADR

Wo kannst du ADRs kaufen?

Um in ADRs zu investieren, benötigst du ein Depot. Bekannte ADRs wie Nestlé, Rio Tinto, Novo Nordisk oder Vale sind bei den allermeisten Brokern handelbar. Du hast also die freie Wahl.

  • Um dich an den Handel mit ADRs heranzutasten, bietet sich ein Depot bei einem Neobroker an. Durch die sehr geringen Handelskosten, kannst du günstig deine ersten Erfahrungen mit ADRs sammeln. Wir empfehlen dir ein Depot bei Trade Republic, Smartbroker Plus oder Scalable Capital.
  • Da ADRs einige Besonderheiten aufweisen, ist es für einige Anleger essenziell, einen Ansprechpartner zu haben. Wenn dir ein guter Kundenservice wichtig ist und du dafür höhere Handelsgebühren in Kauf nimmst, ist ein Depot bei einer Direktbank die richtige Wahl. Dabei sind die Angebote von Comdirect, Consorsbank und ING miteinander vergleichbar.

Für unerfahrene Anleger empfehlen wir ein Depot bei einem Neobroker. Aufgrund der niedrigen Handelsgebühren kannst du mit kleineren Investments beginnen, ohne dass deine Rendite zu sehr leidet.

Fazit: Für wen lohnt sich ein ADR-Investment?

ADRs sind aufgrund von (währungs-)politischen Schwankungen risikoreicher als Aktien. Wenn der Kauf der Original-Aktie (relativ) einfach möglich ist, solltest du die Aktie dem ADR immer vorziehen.

Zugleich bieten dir ADRs als Anleger die Möglichkeit, unkompliziert in bestimmte Unternehmen aus Schwellenländern und Wachstumsmärkten zu investieren. Eine Alternative dazu sind ETFs, die bestimmte Indizes oder Regionen der Welt abbilden.

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Christian Erxleben ist ausgebildeter Journalist mit Erfahrung in den Bereichen Technologie, Wirtschaft und Gesundheit. Neben seiner Arbeit für FINANZENTDECKER als Experte für Finanzprodukte, ist er beim Diakoniewerk Martha-Maria tätig. Er investiert aktiv in Aktien und ETFs.