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Geschäftsmodell entschlüsselt: Wie verdienen Neobroker Geld?

Neobroker wie Trade Republic, Smartbroker, Scalable Capital, JustTrade oder Finanzen.net Zero heben sich durch ihre enorm günstigen Konditionen von der Konkurrenz ab. Aber wie verdienen Neobroker eigentlich Geld?

Hast du auch schon einmal davon gehört, dass sich der Kauf von Aktien erst ab etwa 1.000 Euro lohnt? Diese Faustregel ist längst überholt, schließlich gibt es heute eine Reihe von Neobrokern, die sehr geringe oder sogar gar keine Ordergebühren berechnen. Somit wird der Aktienhandel auch für Kleinanleger erschwinglich.

Diese Neobroker heißen zum Beispiel Trade Republic, Smartbroker, Scalable Capital, Finanzen.net Zero oder JustTrade. Aber wie schaffen es diese Neobroker, die Ordergebühren auf Minibeträge zu senken, während Filial- und Direktbanken 10 Euro bis 15 Euro dafür berechnen? Oder anders: Wie verdienen Neobroker eigentlich ihr Geld?

Wie verdienen Neobroker Geld?

Neobroker wie Trade Republic, Scalable Capital oder Smartbroker verdienen ihr Geld häuptsächlich mit Rückvergütungen, dem sogenannten „Payment for Order Flow“ (PFOF), oder auf Deutsch: „Zahlungen für Auftragsvermittlung“. Das sind Provisionen von den Handelsplätzen dafür, dass eine Order über diesen speziellen Handelsplatz läuft.

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So verdient Neobroker Trade Republic Geld (Bild: Auszug AGB / Trade Republic)

Neben Payment for Order Flow gibt es noch weitere Einnahmequellen der Neobroker. Schauen wir uns nun im Detail die drei Haupteinnahmequellen an, mit denen Neobroker Geld verdienen.

1. Payment for Order Flow

Machen wir Payment for Order Flow noch einmal konkret an einem Beispiel deutlich: Wenn ein Neobroker (und übrigens auch ein „normaler“ Broker) Ordergebühren in Höhe von einem Euro von dir verlangt, dann verdient dieser Neobroker an jeder Order, die du aufgibst, in Wirklichkeit mehrere Euro. Den einen Euro von dir und z.B. 3 Euro Payment for Order Flow-Provisionen vom Handelsplatz.

Der Handelsplatz verdient übrigens Geld am Spread, also der Differenz zwischen Kauf- und Verkaufskurs. Während der Xetra-Handelszeiten müssen sich die kleineren Handelsplätze an den Kursen orientieren. Aber außerhalb der regulären Xetra-Handelszeiten (9 Uhr bis 17:30 Uhr) erhöhen sie den Spread und verdienen daran ihr Geld.

Übrigens: Je höher die Exklusivität, desto höher können auch die Einnahmen sein. Ein Neobroker, der nur einen Handelsplatz exklusiv anbietet (schlecht für die Kunden), kann natürlich höhere Provisionen aushandeln als ein Neobroker, der mehrere Handelsplätze anbietet.

2. Cross Selling über andere Produkte

Neben Payment for Order Flow haben die meisten Broker auch noch andere Produkte, die sie anbieten. Bei Trade Republic, JustTrade oder Finanzen.net Zero sind das zum Beispiel die Krypto-Angebote. Trade Republic und Scalable Capital bieten ein Zinsprodukt ähnlich eines Tagesgeldes an. Und Scalable Capital betreibt auch noch einen Robo Advisor namens Scalable Capital Wealth.

Kunden, die sich aufgrund der niedrigen Ordergebühren für ein Depot bei einem der genannten Neobroker entscheiden, können einfacher zu Kunden für die anderen Produkte werden. Das bringt Einnahmen abseits der Payment for Order Flow-Kickbacks.

3. Bestandsvergütungen von Fondsanbietern

Nicht nur mit den Handelsplätzen verdienen Neobroker Geld. Auch Anbieter von Fonds und ETFs zahlen Provisionen an Neobroker (und übrigens auch an „normale“ Broker) dafür, dass sie ihnen Kunden vermitteln. Vielleicht hast du auch schonmal Werbung deines Brokers für einen bestimmten Fonds erhalten – jetzt kennst du den Grund.

Die Fondsanbieter zahlen die Bestandsvergütungen (oder: Bestandsprovisionen) von der sogenannten Total Expense Ratio (TER). Das sind, vereinfacht gesagt, die Kosten, die du dafür zahlen musst, den Fonds zu halten. Die meisten Fonds haben Kosten von ein paar Zehntel Prozent bis zu wenigen Prozent bei exotischen Fonds.

Von dieser TER finanziert sich der Fondsanbieter, bezahlt Gehälter, IT und das Management des Fonds. Und eben auch die Broker über die Bestandsvergütungen. Auch hier gilt: Je exklusiver das Angebot ist, desto mehr Geld kann ein Neobroker mit einem Fondsanbieter verdienen. Bietet ein Broker nur ETFs von einem Fondsanbieter an (wie Trade Republic das zum Beispiel zum Start mit Blackrocks iShares-ETFs gemacht hat), kann er bessere Konditionen verhandeln.

So verdienen Neobroker Geld: Viel Trading bedeutet hohe Provisionen

Das Konzept der Neobroker bedingt sich also gegenseitig: Durch die geringen Ordergebühren handeln die Kunden häufiger (und vielleicht auch mal unbedachter?) als bei hohen Ordergebühren. Gleichzeitig erhalten Trade Republic, Smartbroker und Co. aber dadurch auch mehr Provisionen.

Mehr Handel sorgt für mehr Geld für die Neobroker

Das sieht man auch am ursprünglichen Konzept von Trade Republic: Der Name, die Marke, alles war auf Trading ausgerichtet, also das häufige Kaufen und Verkaufen von Aktien. Zudem gab es anfangs auch noch eine Gebühr von 5 Euro auf Dividendenzahlungen.

Es war nichts darauf ausgerichtet, dass Kunden ihr Trade Republic-Depot zum Buy-and-Hold-Investieren nutzen. Diese Gebühren sind nun aber alle gekippt worden und Trade Republic hat sich auch für diese Zielgruppe inzwischen geöffnet.

Discount-Broker brauchen große Kundenbasis zur Rentabilität

Klar ist, wie bei fast jedem Start-up dieser Tage: Es geht um Skalierung um jeden Preis. Die Neobroker brauchen Wachstum, um rentabel arbeiten zu können. Dafür wurden hohe Summen an Investorengeldern aufgenommen, um die ersten Jahre des Wachstums finanzieren zu können.

Irgendwann ist dann eine kritische Masse an Kunden erreicht, die so viele Trades machen, dass sich das Modell auch für die Betreiber lohnt. Aus diesem Grund gibt es immer wieder Konsolidierungen in der Branche, wie beispielsweise die Übernahme von Gratisbroker durch Finanzen.net Zero.

Niedrige Kostenstruktur wichtig für Discount-Broker

Nicht vergessen darf man zudem, dass fast alle Discount-Broker, ähnlich wie Direktbanken, eine günstigere Kostenstruktur haben als klassische Fillialbanken. Trade Republic, Smartbroker und Co. unterhalten kein Fillialnetzwerk und haben dadurch geringere Miet- und Personalkosten und können schneller kostendeckend arbeiten.

Das sieht man auch an der starken Fokussierung aufs Kerngeschäft. Bei einem Neobroker findest du in aller Regel nur genau das: Einen Broker. Kein Girokonto, keine Finanzierungen, keine Kreditkarten. Genauso findest du bei Neobanken keinen Aktien- oder ETF-Handel. Fokus aufs Wesentliche und geringe Kosten sind ein weiterer Schlüssel zum Geschäftsmodell der Neobroker.

Was passiert, wenn Neobroker pleite gehen?

Eine Frage bleibt aber: Was, wenn es einer der neuen Neobroker nicht schafft, rentabel zu werden und pleite geht oder sogar in die Insolvenz muss? Die kurze Antwort: Keine Panik, dann passiert mit deinem Geld erst einmal nichts.

Aktien sind Sondervermögen

Dein Depot, also deine Aktien, gilt als Sondervermögen. Das bedeutet, dass sie nicht in die Insolvenzmasse einfließen. Dieses Vermögen gehört also nicht der Bank, sondern dir. Das ist bei allen Banken so, nicht nur bei den Neobrokern.

Beim Verrechnungskonto greift die Einlagensicherung

Das Guthaben auf deinem Verrechnungskonto ist zudem durch die Einlagensicherung bis zu 100.000 Euro abgesichert. Trade Republic ist selbst eine Wertpapierbank und kooperiert für die Einlagen mit der Solaris Bank aus Berlin.

Smartbroker kooperiert für die Depot- und Kontoführung mit der DAB BNP Paribas, Scalable Capital und Finanzen.net Zero (früher Gratisbroker) mit der Baader Bank und JustTrade mit der Sutor Bank. Wenn du mehr als 100.000 Euro auf dem Verrechnungskonto liegen hast, solltest du darüber nachdenken, zu diversifizieren – zum Beispiel mit einem Tagesgeldkonto.

Umzug zu einem anderen Broker

Trotzdem würde eine Broker-Pleite natürlich Ärger bedeuten, weil du dein Depot zu einem anderen Broker umziehen müsstest und das ein paar Tage bis wenige Wochen dauern kann. Deswegen ist es ratsam, immer mehrere Depots zu betreiben, um auch dann noch handlungsfähig zu bleiben und um eine Ausweichplattform zu haben.

Wir empfehlen dir daher, gleich mehrere Depots zu eröffnen, zum Beispiel bei Trade Republic ein günstiges Neobroker-Depot und bei der Comdirect ein Basisdepot für den Notfall. Alternativ kannst du auch unseren Depot-Vergleichsrechner nutzen, um das günstigste Depot für dich zu finden oder dir unsere Depot-Tests durchlesen.

Fazit: So verdienen Neobroker Geld

Neobroker verdienen also Geld mit Provisionen von Handelsplätzen und Fondsanbietern und Cross Selling zu anderen Produkten. Hinzu kommt eine sehr günstige Kostenstruktur, mit der sie konkurrenzfähig sein können.

Beachten sollten Kunden, dass Neobroker durch ihre Art Geld zu verdienen, ständig in einem Interessenskonflikt stecken. Je mehr gehandelt wird, desto besser für die Neobroker. Das muss aber nicht unbedingt das Beste für dich sein. Zudem könnten sie motiviert sein, die Handelsplätze anzubieten, die die besten PFOF-Kickbacks zahlen – und nicht die mit den besten Spreads für dich.

Laut einer BaFin-Studie wiegen die günstigen Ordergebühren die Nachteile dieser Interessenskonflikte auf. Es ist aber dennoch wichtig, sich dessen bewusst zu machen. Auch ein Neobroker – egal wie modern und stylisch er aussieht – will Geld verdienen.

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Tobias Gillen ist Unternehmer, Journalist und Buch-Autor. Neben seiner Position als Geschäftsführender Gesellschafter der BASIC thinking GmbH hat er 2017 das Online-Magazin FINANZENTDECKER gegründet, das es sich zur Aufgabe gemacht hat, finanzielle Bildung in Deutschland zu stärken. 2014 wurde er vom "Medium Magazin" als einer der besten 30 Journalisten unter 30 ausgezeichnet.